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Harald Sicheritz de
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Baumschlager
Ein Film, den man gesehen haben sollte. Ein paar Fakten zur Illustration: 

Baumschlager ist das letzte, leider erst posthum verwirklichte Filmprojekt von Micha Shagrir – dem jüdischen Buben Michael Schwager, der in derselben Straße von Linz aufwuchs wie der Schreibtischmörder Adolf Eichmann. Micha entkam dem Nazi-Terror, wurde zum Kämpfer für die israelische Staatsunabhängigkeit, zum Urgestein des dortigen Filmwesens, zu einem gnadenlosen Lebenskünstler – und zu meinem Freund. Er erlebte noch, dass unser Projekt 2015 österreichische Fördergelder erhielt. Kurz danach starb er. 
Micha wollte, dass ich einen Film über einen österreichischen UN-Soldaten in Israel drehe. Über einen Mann, der drei Frauen hat – die ihm angetraute Österreicherin, eine Araberin aus dem Libanon und eine israelische Offizierin.
Geworden ist Baumschlager ein Film über drei starke Frauen, für die ein durchaus liebenswerter, harmloser Mann den Türöffner darstellt – zur Selbstfindung, zur Welt ihrer Lebensträume.
 
Daran ist primär eine vierte starke Frau schuld – Maayan Oz, Michas Vorzeigestudentin an der Jerusalem Film School. Als ihr bereits mit der ersten Fassung des Drehbuchs ein großer Wurf gelang, war sie gerade mal 27. 
Maayan und ich haben uns Seite an Seite durch mehrere Buchbearbeitungen und mühsame, manchmal frustrierende Jahre gekämpft. Der gemeinsame Kurzauftritt als Hippies am Toten Meer ist ein Zeichen unserer engen Verbundenheit mit dem Film.

Micha Shagrir und der österreichische Koproduzente Danny Krausz haben uns während der langen Vorarbeiten unbeirrbar unterstützt und ermutigt. Danny schaffte es sogar, dass auf höchster Ebene ein Filmförderungsabkommen zwischen Israel und Österreich unterzeichnet wurde – für den Anlassfall Baumschlager.        
Der Film ist eine schwarze Komödie, die mit Mitteln der politischen Satire alltägliche Verhältnisse in Israel und dem Libanon zuspitzt – bis hin zu der Annahme, dass dort plötzlich der Frieden ausbricht. Bis hin zu der Behauptung, dass dies weniger Leute begeistert als man glauben möchte.

Der Staat Israel laboriert seit seiner Gründung an unauflöslichen Widersprüchen, unter denen alle dort lebenden Menschen leiden. 
Nichts kann Probleme und Schicksale so nachhaltig und heilsam bewusst machen wie die mächtige Medizin des Humors. Nichts trägt zur Relativierung von Halbwahrheiten und zur Reflexion von Machtverhältnissen ähnlich wirksam bei wie Satire und Komödie. Diese Erkenntnis ist so alt wie die Dramatischen Künste selbst. 
Alle prominenten Schauspielerinnen und Schauspieler, die wir anfragten, sagten daher sofort mit Begeisterung ihre Mitwirkung zu – israelische, in Israel arbeitende arabischstämmige, isländische, deutsche und österreichische.
 
Dass Baumschlager bislang von weniger Menschen gesehen wurde als erhofft, hat einen schlichten, aber entscheidenden Grund:
Viele potenzielle Zuschauer können sich einfach nicht vorstellen, dass man zu den ernsten Themen „Nahost-Konflikt“ und „UNO-Truppen“ eine gleichermaßen unterhaltsame wie erhellende Geschichte erzählen kann.

Alle, die Baumschlager gesehen haben, wissen seither, dass genau das möglich ist. Und wünschen dem Film ein stetig wachsendes Publikum.