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Tatort – Abgründe
Pressestimmen (Frühjahr 2014)

Süddeutsche Zeitung 
Es liegt viel in Trümmern, „wie's halt oft so spielt, bei uns im schönen Österreich,“ sagt die Pathologin, die den Leberkäs an Ort und Stelle über der Metallschüssel verspeist. Regisseur Harald Sicheritz und Autor Uli Brée gelingt es, eine furchtbare Geschichte über Verdrängung und Vertuschung nicht im hohen Ton der Erregung zu erzählen, sondern eher leise und damit viel bedrohlicher.

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wiener Schmäh und Wiener Schnee: Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer sind das wildeste „Tatort“-Paar. Ihr neuer Fall führt sie vor die Untiefen des eigenen Reviers.

Neue Zürcher Zeitung
Irgendwann ist die Stadt ganz eingeschneit. Die Dimension des Verbrechens wächst an, und aus diesem „Tatort“ ist längst ein richtig guter Film geworden, nicht nur weil er auf die ernüchternde Problemlösungsvariante setzt, sein Thema unaufgeregt vertieft und auf dramaturgische, emotionalisierende Zuspitzung verzichtet. Das geübte Team von Harald Sicheritz (Regie) und Uli Brée (Drehbuch) findet einen Seelenspiegel in Ansichten von einem düsteren und frostigen Wien, wie man es noch selten gesehen hat.
Hier zeigt sich einmal mehr, weshalb der österreichische „Tatort“ besser funktioniert als das meiste, was diesbezüglich aus Deutschland oder der Schweiz zu sehen ist: Im Mut zur Reduktion lässt das Team die Bilder sprechen. Hier fliesst kein Blut, es gibt keine gequälten Kinder im Verlies. Das Grauen ist deswegen nicht weniger unerträglich. Die Opfer und ihre Angehörigen rücken nur ein Mal ins Bild, als die Ermittler Melanie und ihre Mutter besuchen. Es ist eine den menschlichen Horror im stummen Ausmaß durchmessende Sequenz.

Der Spiegel Online
Fellner und Eisner bewaffnen sich mit einer Extraportion Schmäh. Wie sich die Ermittler in diesem Winterkrimi mit kurzen, hocherhitzten Dialogen durchs dreckige Eis des Wiener Umlands schlagen, das hat schon was. Die Spuren im Missbrauchsfall führen schon bald zurück in den Beamtenapparat. Dabei verzichten die Filmemacher auf explizite Szenen; die Beunruhigung im Zuschauer rufen sie überwiegend durch die Beschwörung des kollektiven Bildergedächtnis im Fall Kampusch und im Fall Fritzl hervor.
Die Handlung erschließt sich fast ausschließlich über unterschiedliche Formen des Gesprächs. Oder was man in Wien so "Gespräch" nennt. Aggressive Attacken auf Kollegen, zynische Kommentare, verächtliche Anklagen, die das angegriffene Gegenüber aus der Reserve locken - dieser "Tatort" ist großes Sprechtheater. Oder besser: formvollendete Verbal-Action.
Ob sich das Einschalten lohnt? Aber so was von! Ein Ösi-„Tatort“, wie wir ihn lieben: klug, böse und voller Anspielungen."

Berliner Zeitung
Man kann nur hoffen, dass sich viele ARD-Sendeanstalten ein Beispiel an diesem außergewöhnlichen Ösi-„Tatort“ nehmen: Wer mehr als TV-Massenware will, muss sich auch mal aus dem Fenster lehnen.

Frankfurter Rundschau
Es ist nicht schön, das zu sagen, aber wer mit einem österreichischen Einschlag spricht, hat die Hälfte der erforderlichen – und zwar fast jeder erforderlichen – Atmosphäre bereits geschaffen. In diesem Falle handelt es sich um eine Atmosphäre des von Moral und Nachdenklichkeit nicht angekratzten Lugs und Trugs einerseits, des Leidens an der Welt durch wahnsinnig fleißige und anständige Arbeitnehmer andererseits.
Autor Uli Brée und Regisseur Harald Sicheritz machen eine Miniaturmilieustudie daraus, in der nicht der Finger erhoben wird, sondern die Blickrichtung nach unten geht.

Der Standard
Dankenswerterweise beschränken sich Eisner und Fellner nun nicht aufs ebenso typische Sudern und verbale Händeringen (wobei: ihre Dialoge sind gelungen und fein destilliert wie selten; charmant, nie anbiedernd). Vor allem aber mutieren die zwei dienstfrei gestellten Befehlsverweigerer zu Desperados für die gute Sache. In einem korrupten System, sagen sie sich, muss man die Regeln nicht länger befolgen. So etwas heißt man zivilen Ungehorsam. Einer der besten „Tatorte“ seit Langem.